Mittwoch, 17.09. 16.30 h - Kulturhaus Dock 4 – Halle
„Ich lebe“, schrieb Kafka 1912 in einem Brief, „in meiner Familie unter den besten, liebevollsten Menschen fremder als ein Fremder.“
Ein Prager Kaffeehaus - was sich hier zuträgt, ist doch sehr ungewöhnlich! Da rechnet der Sohn mit dem Vater ab, obwohl dieser ihn in Wirklichkeit überlebt! Und fast ohne Übergang befinden wir uns schon im nächsten Stück! Hier geschieht noch Merkwürdigeres! Es beginnt mit den Worten: Als Gregor Samsa eines Morgens aus unruhigen Träumen erwachte, fand er sich in seinem Bett zu einem ungeheuren Ungeziefer verwandelt! Seine Verwunderung ist groß. Noch wunderlicher ist es für den Rest der Familie.
Für Vater, Mutter und Schwester ist diese Verwandlung eine regelrechte Provokation und sie geraten in Wut- und Verzweiflungsausbrüche. Bald schwindet die anfängliche Hoffnung auf ein gutes Ende. In einer der berühmtesten Erzählungen des zwanzigsten Jahr- hunderts thematisiert der junge Franz Kafka das Gefühl von Ausgestoßensein, Fremdheit und Stumm- heit in einer schrecklich schönen Metapher.
Wir verarbeiteten in unserer Szenenfolge Eindrücke aus Kafkas Texten "Die Verwandlung" und "Brief an den Vater" und suchten einen Zugang zu den (Schreckens-)Visionen der jeweiligen Protagonisten. Wir näherten uns den Figuren und Bildern in Bewegungstheatersequenzen und Sprechszenen: Annäherungen an kafkaeske Szenarien!